Zwei Blicke sind im gleichen Moment auf eine Brandmauer gerichtet. Der eine vernimmt das magische goldene Licht, die Löcher, Ritzen, Geschichte, das seltsame Profil der Dachrinne, die Schrägen, die dramatische Geometrie und förmliche Beziehungen—ein einzigartiger Anblick, der zum Verweilen einlädt. Der andere sieht dort gar nichts und guckt demzufolge nicht weiter hin.

Beide haben das gleiche zu sehen bekommen, doch für den einen war es ein Ereignis, für den anderen bedeutungslos. Daraus könnte man schlußfolgern: ohne Bedeutung keine Wahrnehmung, ohne Wahrnehmung kein eigentliches Sehen. Aber vielleicht auch: die Bedeutung liegt nicht in dem Sichtbaren, sondern vielmehr in dem Unsichtbaren, in dem Erlebten, das jedoch nur über das Sichtbare zu erreichen ist.

Das ist es wahrscheinlich, was Beckmann mit seinem "Unsichtbaren sichtbar machen" meinte. Das Unsichtbare sichtbar zu machen öffnet den Weg zur Wahrnehmung, es verleiht Präsenz, Gegenwärtigkeit, und verbindet uns mit dem Geheimnis des Daseins, mit den täglichen Mysterien, die uns ständig umgeben.